Zwei Bürgermeister, zwei Parteien, eine grüne Gastgeberin – und jede Menge Gesprächsstoff. Im Wohnzimmerformat mit Sofa, Charme und Tiefgang lud die Landtagsabgeordnete und Gemeinderätin Kerstin Celina den Bürgermeister von Kürnach, Rene Wohlfart (SPD), und den Bürgermeister von Kirchheim, Christian Stück (GRÜNE) zum ungewöhnlichen Politiktalk. Statt Podium gab es ehrliche Fragen, persönliche Antworten und einen Blick hinter die Kulissen kommunaler Politik. Knapp 70 Bürger und Bürgerinnen folgten der Einladung ins Alte Rathaus und erfuhren, wie überraschend menschlich Politik sein kann.
Die erste Frage beinhaltete gleich eine „Challenge“: Kürnach und Kirchheim sind beides schöne Orte, leitete Kerstin Celina ein und bat die beiden Bürgermeister in 30 Sekunden zu erklären, warum sie von ihrem Ort begeistert sind. Am Ende stand fest: In Kürnach gibt es mehr Auswahl an Restaurants, um einen schönen Abend zu verbringen, dafür hat Kirchheim aber ein Freibad, um das Rene Wohlfahrt seinen Kirchheimer Kollegen Christian Stück durchaus beneidete. Mit einer guten öffentlichen Infrastruktur, mit Kita und ÖPNV und mit aktiven Vereinen, die das Ortsleben bereichern, konnten beide Bürgermeister aufwarten: nach Würzburg kann man aus Kirchheim bequem mit dem Zug fahren, aus Kürnach fährt der Bus an Werktagen sogar alle halbe Stunde nach Würzburg.
Für die Zuhörerinnen und Zuhörer war der berufliche Hintergrund spannend: was bringt man mit für das Amt des Bürgermeisters, wenn man Eisenbahner, Pilot und Gewerkschafter war, fragte Kerstin Celina. „Den Wunsch, für Gerechtigkeit zu sorgen“, antwortete Rene Wohlfahrt. Für Christian Stück, der eine eigene IT-Firma gegründet hatte, war klar: „In der IT-Branche muss ich Lösungen für den Kunden suchen, schauen, dass es funktioniert und mich jeden Tag auf unvorhergesehenes einstellen. Und genau das brauche ich natürlich auch als Bürgermeister“.
Hauptberuflich Politik machen zu dürfen sei das Abwechslungsreichste, was man sich vorstellen könne. „Nach 12 Jahren im Landtag denke ich immer, ich habe jedes Thema schon mal gehabt, aber das stimmt nicht, es kommt immer wieder etwas neues“ führte Kerstin Celina aus. Die Bürgermeister bestätigten dies: kein Tag sei wie der andere, im Rathaus ebenso wie im Landtag.
Persönliche Einblicke boten sich, als Celina die beiden Bürgermeister schmunzelnd nach ihren Ehefrauen fragte, die beide im Ort bekannter waren, als die Bürgermeisterkandidaten. Andrea Wohlfart war als selbständige „Seifenmacherin“ so bekannt, dass Rene Wohlfahrt sogar in Berlin auf eine Messe von einer Journalistin auf seine Frau angesprochen wurde- über die ein Artikel u.a. in der „Burda“ veröffentlicht worden war. Christian Stück bestätigte lachend, dass auch er anfangs immer „der Zahnarztmann“ war.
Die Frage nach ihren heimlichen Talenten beantworteten beide mit „Kochen“. Rene Wohlfahrt gab an von seiner Frau, eine ausgebildete Hauswirtschaftslehrerin vom Sauerbraten bis zur Weihnachtsgans alles gelernt zu haben, und auch Christian Stück kocht gerne.
Großes Gelächter gab es, als Celina die Bürgermeister fragte, was sie in den ersten 100 Tagen ihrer Amtszeit gemacht hätten, was nichts mit Politik zu tun hatte, aber damals sehr wichtig war. Für Rene Wohlfahrt, dessen Beginn der Amtszeit in die Coronazeit viel, war die Antwort klar: „Ich habe alle möglichen Geräte zum Haareschneiden gekauft, um mir selber die Haare zu schneiden, denn wir konnten damals ja nicht zum Friseur und ich sehe ohne Friseur sonst sehr schnell aus wie ein Monchichi.“ Für Christian Stück war es der große Schritt, innerhalb weniger Tage aus seiner Firma auszusteigen.
Ernst wurden die beiden Bürgermeister bei der Frage: „Was bewundert ihr heimlich an der Partei des anderen?“ Der GRÜNE nannte Tradition und Geschichte der SPD, der SPDler nannte die Frische der GRÜNEN und beiden war anzumerken, wie wichtig ihnen der parteiübergreifende Respekt vor der Leistung anderer Politikerinnen und Politiker ist. Gespannt lauschten die Zuhörerinnen und Zuhörer auch auf die Antwort auf die Frage nach der „politischen roten Linie“, über die sie nicht gehen würden. Für Rene Wohlfahrt war auch aus seiner beruflichen Erfahrung als Vorsitzender der Personalvertretung bei der Insolvenz der Air Berlin klar „Ungleichbehandlung und Lügen – das geht gar nicht“. Christian Stück überraschte die Zuhörerschaft mit der klaren Botschaft: „Hände weg vom Gemeindewald: Wir leben in Kirchheim vom Muschelkalkabbau, aber unter dem Gemeindewald wird nicht gebuddelt!“ Ergänzte aber, das sei gerade zum Glück auch kein Thema.
Kurze Fragen nach dem Lieblingsurlaub, Strand oder Berge, nach Buchempfehlungen und Kinofilmen sowie dem persönlichen Vorbild brachten weitere persönliche Einblicke. Für Kerstin Celina, die Gastgeberin, gab es viel Lob, die Veranstaltung war „unterhaltsam und spannend“, das Format – angelehnt an die „blaue Couch“ auf Bayern 1 fand so viel Anklang, dass die Abgeordnete über eine weitere Veranstaltung mit Gästen auf der „Grünen Couch“ nachdenkt.